Weltalzheimertag

Veröffentlicht am 22. September 2022

Am Mittwoch, 22.09.2022 ist Weltalzheimertag. Aus diesem Anlass folgt hier ein Beitrag rund um das Thema Alzheimer Demenz und die Möglichkeiten eines Umgangs damit für Betroffene bzw. deren Angehörige.

Weltalzheimertag - Was ist Morbus Alzheimer?

Bei der Alzheimer Demenz handelt es sich um eine Form der Gedächtnisstörung, die in der Regel im höheren Lebensalter (meist > 65 J.) auftritt. Das Langzeitgedächtnis bleibt dabei weitestgehend erhalten. Die kognitiven Störungen betreffen vor allem das Kurzzeitgedächtnis, den Orientierungssinn sowie die Durchführung handwerklicher bzw. manueller Tätigkeiten. Es können auch Wortfindungsstörungen und im weiteren Verlauf Auffälligkeiten im Sozialverhalten auftreten. Letztere erklären sich meistens mit dem zunehmenden Verlust der zeitlichen und situativen Orientierung. Insgesamt ist der Verlauf meistens schleichend, in seltenen Fällen auch rapide. In jedem Fall sorgt die Diagnose beziehungsweise schon der Verdacht auf Vorliegen einer demenziellen Erkrankung für größte Unsicherheit und Sorgen bei den Betroffenen und den Angehörigen. Umso wichtiger ist es, frühzeitig ein therapeutisches Konzept zu etablieren sowie einen individuellen Umgang für Betroffene, Angehörige und Pflegende zu finden.

Weltalzheimertag - Diagnostik und Therapie

Zur Erkennung, ob eine Demenzerkrankung vorliegt, stehen uns diverse Teststrategien zur Verfügung, welche insbesondere auch im ambulanten medizinischen Sektor eine Anwendung finden. Im Wesentlichen geht es dabei, neben der Diagnosestellung, vor allem um die Erarbeitung eines individuellen therapeutischen Konzepts.
Die medikamentöse Therapie einer Alzheimer Demenz entscheidet sich immer unter Berücksichtigung individueller Vor- und Begleiterkrankungen sowie in Zusammenschau des aktuellen Allgemeinzustands. Prinzipiell kann man allerdings sagen, dass eine medikamentöse Therapie allein das Fortschreiten der Erkrankung nicht dauerhaft verhindern kann.
Die Entwicklung einer Alzheimer Demenz verläuft sehr unterschiedlich. Im Fokus steht in allen Fällen der möglichst lange Erhalt von Selbstständigkeit, Alltagsfähigkeit und die Berücksichtigung individueller Wünsche und Bedürfnisse. Orientierungshilfen und ein vielseitiges und buntes Therapiekonzept, welches neben der medizinischen Betreuung unter anderem Bewegungsübungen, Ergotherapie sowie Gedächtnistraining einbezieht, sind dabei wesentliche Bestandteile. Die Alltagsbewältigung der Betroffenen steht immer im Vordergrund.

Weltalzheimertag - Umgang mit Erkrankten und Betroffenen

Für den Weltalzheimertag möchten wir für eine Art der Kommunikation werben, die uns hilft, Menschen in den verschiedensten Lebens- und Leidenssituationen offen und insbesondere unvoreingenommen zu begegnen.

Ein Beispiel: Eine 99 Jahre alte Dame mit bekannter Alzheimer Demenz beschrieb im Rahmen eines Hausbesuches im Pflegeheim auf Nachfrage nach ihrer heutigen Befindlichkeit, sie hätte Schmerzen in der Lendenwirbelsäule. Ärztin: „Können Sie mir Ihre Schmerzen noch etwas genauer beschreiben? Sie kennen sich doch ein wenig aus mit den Knochen…“ Bekannt war, dass die Dame früher einmal als medizinisches Personal in einer Klinik gearbeitet hatte. Sie kam ins Erzählen über ihren Beruf und betonte: „Ich wollte mit Menschen arbeiten und nicht nur im Labor stehen und pipettieren.“ Es folgte die Frage: „… mit Menschen arbeiten, wie macht man das?“ Daraufhin erzählte sie, dass sie sehr viel und sehr gerne gereist sei. Sie sei mindestens ein Vierteljahr ihres Arbeitsjahres auf Reisen gewesen: „… dann bin ich viel gereist… eigentlich habe ich mein ganzes Geld verreist…“ Sie hielt inne und stellte fest: „Ich habe vieles noch im Kopf…“ Zuvor hatte sie wiederholt darüber geklagt, wie sehr sie unter ihrer zunehmenden Vergesslichkeit leide. Während ihrer Reiseerzählungen blühte sie auf. Der Dialog setzte sich fort. Ärztin: „Wie kann ich mir das vorstellen, wenn man sein ganzes Geld verreist…?“ Patientin: „Ich war am Grönlandeis!“ Ärztin: „Und wie ist das dort, am Grönlandeis?“

Patientin: „…dann bin ich da raus, auf so eine Eisscholle… und da habe ich das Gefühl, ich stehe jetzt hier ganz alleine auf einer Eisscholle…“ Nach kurzem Innehalten erzählte sie weiter: „Ich habe mir die ganze Welt angesehen… ich wollte die Welt sehen… ich war auf der Krim, in Venezuela, auf Fuerteventura, in Mexiko, am Lago Maggiore, in Kenia, auf Teneriffa, in Holland, in Ungarn, in Jugoslawien, auf Rhodos, in Venedig, in Marokko…“ Ihre Aufzählung schien kaum ein Ende zu haben. Es entstand eine erneute längere Pause. Dann sagte sie mit einem Lächeln: „Reisen, das war mein Hobby.“ Von den Schmerzen in der Lendenwirbelsäule war keine Rede mehr.

Für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses ist es entscheidend, erkrankte Menschen mit ihren eigenen Worten und Bildern zur Symptomatik, unter denen sie leiden, ernst zu nehmen. Dies gelingt durch Zuhören und Aufgreifen der Schlüsselworte mit einfachen, offenen Fragen. Das Eingehen auf die Bildhaftigkeit der individuellen Sprache ermöglicht es, implizites Wissen eines Menschen über die eigene Befindlichkeit zum Vorschein zu bringen.


Weltalzheimertag - Patient:innenverfügung und -vollmacht

Insbesondere im Falle einer demenziellen Erkrankung ist es wichtig, um die ursprünglichen Wünsche der Erkrankten berücksichtigen zu können, sich möglichst frühzeitig im Kreise der Angehörigen und/oder Pflegenden über die Formulierung einer Patient:innenverfügung und -vollmacht zu einigen. Ein ärztliches Gespräch kann helfen, hier Licht ins Dunkle der vielen Fragen und Hürden zu bringen. Hierfür stehen wir Ihnen in unserem MVZ jederzeit gerne beratend zur Verfügung.


Weltalzheimertag - Wichtig für Angehörige

Die Betreuung von Patient:innen mit einer Alzheimer Demenz ist umfassend und sehr herausfordernd. Es bedarf dafür professioneller Unterstützung. Diese kann Schritt für Schritt etabliert werden und beginnt beispielsweise mit der Beantragung einer Pflegestufe. Die Crux der Erkrankung besteht darin, dass die Betroffenen sich den Risiken, denen sie durch die überfordernden Alltagssituationen ausgesetzt sind, nicht mehr vollends bewusst sind. In den meisten Fällen führt kein Weg daran vorbei, die Betroffenen letztlich in einem Pflegeheim unterzubringen. Überforderungssituationen für Angehörige im Rahmen einer Betreuungssituation entstehen regelmäßig, insbesondere da es emotional verständlicherweise sehr belastend ist, den Veränderungsprozess von ehemals gesunden und geistig fitten Verwandten mitzuerleben. Daher gilt für alle Angehörigen von Demenz Erkrankten: Keine Scham um Hilfe zu fragen!

Weltalzheimertag - Demenz, gut versorgt in Nürnberg

Übrigens gibt es diverse weitere Informationsveranstaltungen zum Thema Demenz und Alzheimer, beispielsweise vor Ort am Klinikum Nürnberg. Weitere Informationen finden Sie auf der dortigen Webseite: https://www.klinikum-nuernberg.de/DE/ueber_uns/Fachabteilungen_KN/zentren/Altersmedizin/aktuelles/Flyer_Weltalzheimertag2022_web.pdf

 

Falls weitere Fragen zu diesem Thema offengeblieben sind, kommen Sie in unser MVZ, am besten mittels Terminvereinbarung. Wir stehen Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Ihr Team MVZ Renard & Kollegen

Autorin:

Dr. med. Charlotte Kinateder
Fachärztin für Allgemeinmedizin

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